Als es seinerzeit das 9 Euro-Ticket gab, habe ich mir für jeden der drei Monate eines geholt. Denn es war mir klar: Das rechnet sich schnell, wenn man seinen Arsch nicht nur auf dem Sofa oder vorm Rechner hocken lässt. Zwei Busfahrten quer durch Oldenburg kosten schon mehr, von einer Fahrt an die Küste ganz zu schweigen. Beim jetzigen 49-Euro-Ticket ist das schon anders.

Aber „Dank“ meiner vorübergehenden Tätigkeiten in Bremen konnte ich das nun testen. Dachte ich. Es wurde aber eher ein „allgemeiner Öffi-Test“. Dafür kann das D-Ticket allerdings nix, das kläre ich ggf. später auf. Nachdem ich also im schönsten Sommer-September zwei Wochen mit dem Auto nach Bremen (die Hölle der Autofahrer im Norden) und zurück fuhr, entschied ich mich nach gröbster Überschlagrechnung für Oktober für ein Deutschland-Ticket, auch wenn sich die Fahrzeiten dadurch nahezu verdoppeln würden: Die Kosten wären weit mehr als halbiert. Und immerhin kann man sich während dieser Zeit – im Gegensatz zum aktiven Autofahren – auch mal ausruhen, die Augen zu machen, was lesen, etc. und muss nicht stets auf Straße und Verkehr achten.

Die Buchung für das Deutschlandticket wird komplizierter geschildert, als sie ist. Ich habe das einfach in der Fahrplaner-App gebucht, bezahlt über Kreditkarte. Was ich aber übrigens ziemlich hinterfotzig finde: Man kauft nicht einfach für einen Monat ein Ticket, sondern schließt ein Abo ab. Und wenn man das beenden möchte, dann bitte unbedingt zum 10. des Vormonats kündgen. Sowas ist technisch garantiert nicht mehr notwendig und ich deute das eher als „wenn die nicht rechtzeitig kündigen, dann zahlen die halt noch nen Monat….“. Und dazu kommt: Man kann das Abo nicht einfach über den gleichen Weg kündigen. Ich habe in der App gesucht und gesucht, aber nix gefunden. Die Lösung: Das ist offenbar nicht einheitlich geregelt. Ich wurde schliesslich auf irgendeiner Webseite darauf hingewiesen, dass ich in der Mail mit der Buchungsbestätigung einen Kündigungslink finde. So war es auch. Gut, dass ich die Mail noch nicht gelöscht hatte. Das 9Euro-Ticket war simpler realisiert worden.

Na gut, nun konnte ich hemmungslos Bus und Bahn fahren. Weil ich so gegen 9 Uhr in Bremen ankommen wollte, wählte ich den Bus um 7:28 Uhr. Ich wusste schon vorher: Keine gute Uhrzeit, um in Ruhe mit dem Bus unterwegs zu sein, denn das ist so ziemlich genau vor Schulbeginn. Und so war es auch: War der Bus an „meiner“ Haltestelle nur mäßig voll, obwohl ich schon stehen musste (über Sitzplätze und Rucksäcke schreibe ich vielleicht ein anderes mal), kamen nach drei weiteren Haltestellen von vorn bald die Rufe „BITTE nach hinten durchgehen!“ und noch ein paar Haltestellen weiter sind die neuen Passagiere gleich hinten eingestiegen, wenn sie sich überhaupt noch trauten. Manchmal drehten sie gleich wieder ab. Das war wirklich eng und ich war wieder mal froh, ein groß gewachsener Kerl zu sein. Hoffentlich bin ich multiresistent. Nach der nächsten Schulhaltestelle wurde es etwas leerer und ich machte den Fehler, einen nun freien Sitzplatz auszuwählen. Dann nämlich hat man die Kopfhöhe genau da, wo andere… puh, ich lasse mal Details weg. Und der Typ neben mir, naja, der passte nicht ganz auf seine Sitzfläche und mann ey, war der warm! Von Vorteil war der Sitzplatz allerdings, als am Lappan irgend ein Autofahrer meinte, die Busspur verwenden zu können und der Busfahrer nicht nur laut und lang hupte sondern auch anschließend voll auf die Bremse latschen musste. Eine ungewollte La Ola-Welle rollte von hinten nach vorn durch den Bus, aber offenbar gab es keine Verletzten. Dann durfte ich beim Bahnhof aussteigen und ging ins Hauptgebäude. Dort auf der großen Anzeigetafel erkannte ich, dass in wenigen Minuten ein Zug nach Bremen von Gleis drei startet. Obwohl mindestens alle halbe Stunde einer fährt, war der Bahnsteig rappelvoll mit Fahrgästen. Dazu noch eine Schulklasse, wo es die Lehrer wohl lustig fanden, zur Stoß- und Drangzeit mit den Öffis auf einem Montag morgen die Klassenfahrt zu starten. Der Zug rollte rein, alle wurden unruhig und mussten schwerlich ungeduldig warten, bis die ankommenden Fahrgäste ausgestiegen sind. Immer das gleiche. Aber im Zug war überraschend viel Platz, die Bahn hatte sicherlich ein, zwei Waggons für die morgendliche Fahrt dazugehängt. Ich fand also einen Sitzplatz und so begann der gemütlichere Teil der Fahrt. Ich las eine Weile in einem E-Book, schloß zwischendurch die Augen, war aber zugegebenermassen etwas unruhig, dass ich das Aussteigen auch nicht verpasse. Natürlich völlig unnötig.
Alle wollen in Bremen aussteigen, man kann es gar nicht verpassen. Nun musste ich zur Strassenbahn-Station und ich muss sagen: Davon bin ich total begeistert! Die Tram 6 fährt von Steig E Richtung Uni, das war sehr gut ausgeschildert. Aber das beste: Zu dieser Zeit fährt alle drei Minuten eine Strassenbahn, geil! Man kann ganz entspannt dort hingehen und warten, denn eine Minute warten ist nix, dann sind es nur noch zwei und danach fehlt ja nur noch wieder eine. So war die Bahn zwar gut gefüllt, aber ein Sitzplatz war kein Problem. Jetzt rollte ich leise durch Bremen meinem Ziel entgegen. Mein Fazit bis hier hin: Wenn man sich die (Reise-)Zeit nimmt, dann ist der ÖPNV wirklich eine tolle Sache. Aber ich persönlich meide dann doch lieber die Rush-hour, deswegen nahm ich am nächsten Tag einen Bus später. Aber erstmal musste ich ja am Nachmittag wieder zurück. Und da begab sich dann wieder eine dieser Bahn-Episoden, die der gewöhnlichen Reisezeit die gewisse Würze geben.

Der Rückweg startete mit der Strassenbahn wie erwartet gut und auch am Bremer Bahnhof war schnell erkennbar, welcher Zug mich nach Oldenburg bringen könnte: Der RE1 von Norddeich Mole sollte um 16:53 Uhr von Gleis 3 starten. Und der stand schon dort. So stieg ich ein und fand noch einen Sitzplatz. Und dann warteten wir. Laut meiner Uhr war es schon Zeit, los zu fahren, aber man wird ja geduldig. Dann kam eine Bahnsteig-Durchsage, dass der RE1 heute von Gleis 10 startet. Hm. Im Waggon standen einige Fahrgäste und guckten sich gegenseitig ratlos an. Ich checkte die Fahrplaner-App und dort stand auch: Gleis 10. Also stieg ich aus und wollte mich sputen, noch rechtzeitig zu Gleis 10 zu kommen. Als ich die Treppen hinunter schritt, kam eine neue Durchsage: „Der RE1 bla bla… verspätet sich um 10 Minuten und fährt von Gleis 3 ab“. Auf dem Absatz machte ich kehrt und ging wieder, an den verwirrten Fahrgästen vorbei, in den Zug. Mein Sitzplatz war noch frei. Mir gegenüber saß einer, der wollte nach Bad Zwischenahn und sagte „irgendwo werden wir schon ankommen“. Nun kam noch einer recht abgehetzt rein und ließ sich auf einen engen Sitzplatz fallen. Da begann die nächste Durchsage: „…. auf Gleis 10 verpätet sich um 10 Minuten“. Der letzte, abgehetzte junge Mann sagte: „Nee nä, die haben mich gerade hierher geschickt!“. Darauf hin erklärte ich ihm, dass wir schon ganz solidarisch beschloßen hätten, nicht mehr auszusteigen. Nach einer gefühlten Viertelstunde fuhr der Zug an. In die richtige Richtung.

In Oldenburg wollte ich dann nur noch in den Bus steigen, der mich nach Hause bringen würde. Leider fuhr die 301 einfach so davon. Und hier ist nix mit drei Minuten oder so, bis zum nächsten Bus dauert mindestens eine viertel Stunde. Also schaute ich, ob eine andere Linie grob in meine Richtung fuhr. Es kam die 380 nach Edewecht. Ich fragte die Fahrerin: „Hälst du auch da und dort?“ Sie bejahte lässig und ich sagte: „Okay, dann fahre ich mit“ und stieg ein. Währenddessen fiel mir ein, dass ich mein Ticket vorzeigen sollte, „ich hab son Deutschland-Dings“ und wühlte in meinen Taschen nach meinem Handy. Sie winkte ab, „wird schon passen“. Andere Fahrgäste mussten aber zackig ihre Tickets vorzeigen, die meisten hielten auch ein Handy hoch.
Irgendwann konnte ich aussteigen und lief die paar hundert Meter nach Hause. Insgesamt dauerte der Rückweg 1h 48min.

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