Ja, ich habe zugeschlagen: Das neulich erwähnte begutachtete Zweirad habe ich erworben. Treue Leser werden sich das schon gedacht haben, als sie meinen Beitrag zur Zulassungsstelle lasen…
Es handelt sich um einen Piaggio Fly 125, der sogar einen eigenen Wikipedia-Artikel hat: Klick. Ich war ja fast kurz davor, mir einen von diesen 50ern zu holen, aber der einzige Vorteil wäre die vereinfachte Zulassung (Versicherungsschild und los). Alle anderen Punkte wie Geschwindigkeit, Fahrsicherheit, Zuladung, Sitzposition, mögliche Autobahnfahrten und vermutlich Haltbarkeit gehen zu Gunsten des 125ers. Und sogar der Preis: Das, was ich bezahlt habe, hätte ich mindestens auch für einen halbwegs guten „kleinen“ Roller ausgeben müssen. Dafür benötigt der Fly optisch einiges an Liebe, selbst für meine anspruchlose Wahrnehmung. Aber er hatte doch einen kleinen technischen Mangel, der mich erst nicht ruhig schlafen liess. Ich erzähle mal kurz von vorn:
Als ich mir den Rolller anschaute, da sagte der sehr nette (Vor)Eigner gleich, dass er lange gestanden hätte und die Batterie sicherlich nicht voll wäre. Wir haben dann überbrückt und der Roller schnurrte auch gleich vor sich hin. Mangels Zulassung fuhr ich dann auf dem Parkplatz ein paar unsichere Runden (man traut sich ja nicht, gleich Gas zu geben). Der Roller wurde auch so angeboten: Technisch Okay, optisch einiges zu machen. Ich erbat mir, eine Nacht drüber zu schlafen – Es war nicht so, dass die Leute Schlange standen, um den Roller mal zu sehen – und meldete mich am nächsten Tag. Da hatte er die Batterie etliche Stunden am Ladegerät und der Hobel sprang so an. Ich schlug ein, der Deal war perfekt (nach dem die TÜV-Bescheinigung gefunden wurde). Er freute sich, dass jemand diesen „schönen“ Roller weiter fahren wollte, Geld wäre nicht sooo wichtig. Wegen der Batterie kam er mir mit dem Preis noch mal entgegen. Das war Donnerstag. Freitag früh war ich dann bei der Zulassungsstelle. Der Roller stand noch aufm Hof vom Voreigner. Ich spazierte Nachmittags zu Fuß dort hin, ca. 2,2 Kilometer. Zurück schob ich den Roller. Ui, der ist schwer. Und es war so heiss. Ab Kaspersweg war ich stumpf und startete den Roller. In Schrittgeschwindigkeit fuhr ich auf dem Bürgersteig durch die Sonne um die Ecke nach hause.
Samstag sah ich mir den Roller noch mal an und putzte ihn erstmal. Auf dem Trittbrett wurden vermutlich irgendwie Gurken oder Moos transportiert; es war ganz grün. Das konnte ich mit Allzweckreiniger und einer Bürste gut weg kriegen. Alles andere auch eben mit dem Lappen abwischen, das war gar nicht so wild. Dabei guckte ich mir Details genauer an. An zwei Stellen war ein kleiner Riss in der Verkleidung, hier und da waren keine originalen Schrauben drin, sonst alles okay. Eben noch mal starten, weil der Motor so schön läuft. Vorher kontrollierte ich noch den Ölstand und Reifendruck. Nun auf den Startknopf gedrückt: Nix. Hä? Ein einsames elektrisches Klacken in den Tiefen der Verkleidung, sonst nix. Hmpf. War die Batterie so hinüber? Gestern gings doch noch? Ich suchte mein Ladegerät (seit ich an Alex‘ Roller bastelte, liegt dieses Ladegerät nie mehr da, wo ich es erwarte (aber eigentlich immer da, wo es sein sollte. *Kopfklatsch-Smiley*). Das zeigte dann eine Spannung von deutlich über 12V an. Das sollte eigentlich reichen. Aber nix: Nur das leise Klacken. Verdammt. Das Ladegerät hat einen „Repair“-Modus: Hohe Spannungspulse sollen eine Sulfat-Schicht zerstören oder so. Also habe ich das aktiviert und bin weg gegangen. Gibt ja noch genug andere Dinge zu tun. Irgendwann später schaute ich nach: Immer noch am pulsen. Also fasste ich einen Entschluss: Ich gönne dem Ding eine neue Batterie und hole die gleich von Zimmermann, die sind in der Nähe und die haben sowas. Schnell noch eine alte Rasenmäherbatterie zum Tauschen wegen Pfand rausgesucht und um 18:05 Uhr rollte ich mit dem Rad auf den überraschend leeren Parkplatz. Um festzustellen, dass die Samstags schon um 18 Uhr schliessen. Okay. Dann kann ich den Punkt „schöne Radtour“ ja auch von meiner heutigen Liste streichen (stand aber gar nicht drauf).
Währendessen grübelte mein Hirn, was die wahre Ursache fürs Nichtstarten sein kann. So richtig mochte ich an die Batterie nicht mehr glauben. Das Licht am Roller ging immer… Ich war nun mittendrin in der dritten Reparatur eines weiteren Rollermodells des laufenden Jahres: Eins, zwei. Dann fiel mir ein: Magnetschalter! Oder sowas in der Art, das könnte es sein. Das Internet korrigierte mich leicht: Ein Anlasser-Relais ist verbaut. Na gut, nehmen wir das. Aber wo sitzt das, wie sieht das aus, wie komme ich daran? Weil das Internet auch ganz wundervolle Vorzüge hat, fand ich ein ausgiebiges technisches Manual für eben diesen Roller. Zwar englisch, aber sehr vollständig mit Schaltplänen etc. Klasse! Nach dessen Studium konnte ich schon diverse Aussagen aus Internet-Roller-Foren als falsch und Blödsinn aussortieren. Mittlerweile war Pfingstmontag. Ich wusste nun: Das Relais sitzt links aussen am Rohrrahmen unter der Verkleidung. Wenn man sich wie ein Aal unter den Roller verbog, dann konnte man es sogar sehen (wenn man wusste, was man sieht). Ich konnte es nicht. Und laut Netz könnte das Relais so oder so aussehen… mindestens eine Quelle war also falsch. So lange ich nicht weiss, wie es aussieht, brauche ich auch nichts neues bestellen. Mir blieb nichts anderes über: Ich musste den Roller zumindest so weit zerlegen, bis ich da ran kam. Schaut man sich so einen Roller in echt an, dann glaubt man erst: Das ist alles eins, da kommt man nirgends ran. Und wenn, dann hängt alles zusammen: Um diesen Deckel abzubauen, muss die Schale da ab, dort ist aber die Sitzbank befestigt. Und hinten nicht anders: Ohne Demontage des Gepäckträgers war nix zu machen. Und da saß das Topcase drauf. Das war von unten schön unsichtbar verschraubt und die Schrauben drehten mit, wenn man die Mutter drehte. An die Schraubenköpfe kam man nicht ran. Also wieder den Dremel rausgekramt und Schlitze in die Schraubenbolzen geschliffen. Nun konnte ich die mit einem Schraubenzieher am mitdrehen hindern und die vier Muttern entfernen. Danach war der Kunststoffeinsatz des Gepäckträgers dran: Mit sechs Stück Schrauben befestigt und leider liessen sich nur drei Stück auf vorgesehenem Weg entfernen. Die anderen waren so dermassen festgegammelt, da half nur Handwerk: ich bohrte die Köpfe ab. Nun konnte ich den Rest zerlegen. Ah, natürlich muss noch das Hecklicht abgeschraubt werden, welches auch die Blinker hält und dahinter waren noch zwei Schrauben. Ein Klacks. Jetzt konnte ich die Verkleidung so weit wegziehen, dass ich mit der Hand dazwischen kam und in der Tat das Relais ziehen konnte:
Nun machte ich kurz Pause und bestellte dieses Relais bei Amazon. Gut. Fein. Sollte ich alles so liegen lassen oder doch besser grob wieder zusammenbauen? Gut, dass Angela gerade nicht da ist 😉 Ich sah mir das originale Relais an. Ursprünglich wollte ich das Gehäuse öffnen, um zu sehen, was man drinnen retten kann. Das hatte ich seinerzeit bei meinem E34 und dem Blinkerrelais schon erfolgreich gemacht. Aber Moment: Mann, die Kontakte hatten aber stark Patina. Ich holte Schleifpapier und rubbelte die erstmal wieder blank. Hmmmm. Sollte etwa… ein Versuch war es wert. Ich steckte das gereinigte Modul wieder an seinen Platz und baute die nun vollgeladene Batterie wieder rein. Den Rest liess ich erstmal so. Voller Neugier machte ich die Zündung an und drückte den Starterknopf: Orgelorgeljuhubrumm! Haha! Wie geil! Das war in der Tat ein Klacks! 🙂
Es bleibt natürlich höchst erstaunlich, warum das Relais nur bis genau dahin funktionierte, wo es auf meinen Hof rollte. Fast schon unheimlich. Vor lauter Freude über den Erfolg machte der „Rückbau“ der Verkleidung richtig Spass. Und dann waren da noch die drei Schraubenbolzen, die im Gepäckträger steckten und keine Köpfe mehr hatten. Unter dem Einsatz von einem halbend Dutzend Bohrern bohrte ich sie ganz raus. Dann kommen da mal neue Schrauben rein und von unten eine Mutter gegen. Und ich muss mir noch überlegen, ob ich die Schrauben unten am Topcase irgendwie dauerhaft fixiere… oder kann ich was passendes 3D-ausdrucken? Na, da wird mir schon was zu einfallen!
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