(Teil 1 ist hier)
Der Schulungs-Ort befand sich 500km von meiner Heimat entfernt. Ich buchte übers Firmenportal ein Hotelzimmer und fuhr mit dem Firmenwagen hin. Beinahe wäre die Schulung noch abgesagt worden, weil erst die Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht wurde. Nun waren wir sechs plus Unterrichtender.
Die Leute, die man „bei sowas“ kennenlernt, entsprechen weitestgehend den üblichen Klischees: Es war nur eine Frau dabei, diese war aber IT-typisch blass und trug Klamotten, die… naja, so ähnlich wie Boy George, wenn er sich mal „ordentlich“ anzieht. Und dann noch der Dicke mit dem Magenbypass, der trotzdem andauernd Kekse und Süsskram naschte. Der Langhaarige mit den Wollsocken, der älter aussah als er vermutlich war und wegen seiner schlechten Augen ganz vorne sitzen wollte. Der dunkle Typ mit Cappy in der hinteren Ecke, der selten was sagte, aber dann viel und im komischen Dialekt. Und dann war da noch der etwas kleinere Kerl in bunten Klamotten, der oft zu leise irgendwelche vermeindlich lustigen Sprüche brabbelte, die keiner verstand und immer losprustete, wenn ein anderer einen trockenen Spruch raushaute und dabei klang, wie wenn man mit einem Microfasertuch einen hartnäckigen Fliegenschiss von einer Fensterscheibe rubbelt. Ich war vermutlich irgendwo dazwischen: Der große Kerl aus dem Norden, der kurz und deutlich auf Fragen antwortete, damit es weiter geht und die anderen nicht die Chance hatten, durch unpräzise Aussagen Zeit zu verplempern.
Und dann noch der recht junge Dozent: Als Moderator nicht die Wucht, aber fachlich wirklich top! Nie konnte man ihn mit Fragen aus der Bahn werfen, nie sagte er sowas wie „das gehört hier jetzt nicht her“. Er war schon rein optisch ganz offensichtlich recht nerdig (keine richtige Frisur, etwas blass, etwas, äh, unfit), aber er hatte eine Ehefrau und mit der ein Kind, noch im Windelalter.
Schon Wochen vorher wurden wir per Mail von ihm gebeten, auf unseren Laptops VirtualBox zu installieren und darauf die Images von Ubuntu 20.04 so wie Grml. Alles mit Links zu ISOs und Anleitungen. Ich machte das also gleich – damals im Büro – und stellte nach dem Start und Login fest, dass sudo nicht funktionierte (Kein Eintrag in der Sudoers-Datei, der Vorfall wird gemeldet). Nach schneller Suche im Ubuntu-Wiki fixte ich das: su, visudo, und dort einen Eintrag für meinen Benutzernamen. Feddich. Montag vormittag im Schulungsraum hatte ich dann Freizeit, weil alle anderen das irgendwie nicht gemacht hatten. Also nix: Im besten Fall war VirtualBox vorhanden. Wäre ich Dozent gewesen – ich hätte schon mal alle ins Achtung gestellt.
Als dann jeder wusste, wie er ein Terminal startet (warum finden viele als erstes den vermutlich längsten Weg, um das zu machen?) konnte die Schulung beginnen. Es fing ganz behutsam an: Wer/ was ist root, was das Wurzelverzeichnis, welche Ordner sind vorhanden und was ist da drin…. Was ist eine Datei (unter Linux ist alles eine Datei!), wie findet, bewegt, löscht man sie. Wie sucht man einzelne Informationen. Bald dann konnte jeder eine Datei erstellen, lesen, editieren. Am dritten Tag kam Shell-Scripting dazu usw., am Ende waren wir bei systemctl, ldd und lshw. Ich muss sagen: Ich weiß einiges über Linux, aber vieles ist bei mir auch veraltet und versackt. Ich habe was gelernt! Frage an die Linux-Nutzer unter den Lesern: Wie sprecht ihr die folgenden Dinge aus: /etc, /usr, grub? Ich denke, da gibt es überraschende Gemeinsamkeiten 😉
Interessanterweise war nur ein Raucher unter uns. Das war früher auch anders… schön. So gab es ab und zu mal eine Pause und die Tage gingen ansonsten gut rum. Mein Fazit: Ich werde diese Kenntnisse beruflich vermutlich selten verwenden, aber ich habe mir nun vorgenommen, am Ball zu bleiben! Nicht aus Arbeitstechnischen Gründen, sondern weil ich vielleicht doch bald final daheim auf Linux umstelle. Es gibt eigentlich nichts mehr, was mich an den Mac bindet, außer die sehr gute, schicke und solide Hardware. Dafür nervt mich immer mehr das Gefühl, Apple holt sich mehr als notwendig Daten von mir und über mich…. ausserdem ist MacOS schon lange nicht mehr so geil, wie noch zu SnowLeopard-Zeiten (wie ich die damals so prächtige Spotlight-Suche vermisse!). Aber das soll ein anderes Thema werden.