Vermutlich ist es nur ein klassisches Beispiel für selektive Wahrnehmung. Aber ich schwör, Leute: Ich hab ziemlich genau aufgepasst und irgendwas ist da seltsam! Ich werde doch nicht wegen so einem einigermassen harmlosen Fahrrad-Bauteil meine Objektivität verlieren. Dann wäre ich ja wie die Leute, die auf Verschwörungstheorien reinfallen oder an die Matrix glauben… nee, ich nicht!!1

Damit jeder meine streng wissenschaftliche Vorgehensweise erkennt, fang ich erstmal damit an, das mit Fakten aufzubröseln: Eine durchschnittliche Fahrradspeiche ist 2mm dick. Der Abstand zwischen den Speichen beträgt rund 50mm. Das ist also ein Verhältnis von Luft zu Speiche von 24 zu 1. Dieses ist also die geringe Chance, auf eine Speiche zu treffen, wenn man ein drehendes Rad an beliebiger Stelle anhält. Aber trotzdem passiert es (zugegeben: gefühlt, nicht gezählt) bei jedem zweiten Mal Fahrrad abschliessen, dass das Felgen-Schloss auf eine Speiche trifft! Das soll Zufall sein…?

Hm. Dieses Phänomen ist nicht neu. Eigentlich fällt mir das auf, seit dem ich Felgenschlösser benutze. Und immer gehen mir die oben notierten Gedanken durch den Kopf: Wie kann das sein???
Okay. Leser dieser Seiten wissen: Ich bin kein Mensch, der Mythen in die Welt setzt oder vorhandene bestätigt. Man darf sich gerne mal über was wundern, aber dann heisst es: Weiter denken! Und bei diesem Speichen-Paradoxon gibt es vielleicht eine gute Erklärung oder zumindest, äh, mildernde Umstände. Denn bisher haben wir einen weiteren Faktor nicht beachtet: Das Schloss selbst, bzw. den Schliessbügel, der durchs Rad geht. Dieser hat einen Durchmesser von ca. 8mm und der Platz zwischen den Speichen ist geringer, weil es weiter runter geht und damit sind wir bei einem ganz anderen Luft-Schliessbügelverhältnis: 4 zu 1.
Eine Speiche hat also eine höhere Chance, den Bügel zu blockieren, als zunächst angenommen. Und vier zu eins, mal ehrlich: Das ist schon eine gute Wahrscheinlichkeit (denkt an Minesweeper, wenn ihr ein freies Feld erraten müsst!). Wenn man dann noch die erwähnte selektive Wahrnehmung berücksichtigt: In den Fällen, wo der Bügel keine Speiche trifft und man das Rad einfach abschliessen kann, fällt das gar nicht auf und wird in der Ich-wundere-mich-darüber-Statistik nicht „berücksichtigt“.

Schade: eine Illusion oder gar ein Grund für eine höhere Macht weniger. Manchmal hasse ich mich für mein rationales Denken. Was muss das schön sein, wenn der Kopp nicht „so“ funktionieren würde und man einfach Glauben könnte…

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2 Replies to “Das mysteriöse Speichen-Paradoxon”

  1. Heute Vormittag diesen Beitrag gelesen und gedacht „Och, passiert mir eher selten“. Dann bin ich nachmittags zum Einkaufen geradelt… ich muss ja nicht erläutern, was da passiert ist, oder?

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