Wirklich: Ich ärgere mich. Und ich verstehe es nicht. Und ich ärgere mich, dass ich es nicht verstehe. Es geht um den Motorroller (früher auch mal Scooter genannt) von Alex bzw. seinem Sohn. Dieser – also der Roller – sprang irgendwann nicht mehr an und ich sagte: „Ich guck mir das mal an“. Und dann ging es los. War ich zu großspurig? Nein, ich denke nicht. Zweitaktmotoren sind relativ schlicht.

Denn mit Motoren kenne ich mich grundsätzlich aus. Hier schrieb ich schon über unseren Außenbordmotor: Klick und treue Leser wissen, dass ich meinen Renntrecker damals selbst gebaut hatte: Klack, Kluck, Klong. Ich würde mich nicht an jedes Kaliber trauen, aber gerade die Zweitakt-Motoren sind technisch recht simpel, besonders die üblichen Luftgekühlten. Keine Ventilsteuerung, keine aufwändige Benzineinspritzung, i.d.R. keine getrennte Schmierung (hier schon), wenig Teile. Und die Motoren heutzutage sind noch mal aufs wesentliche und einfachste reduziert, die reinste Massenware. Viele Bauteile werden in verschiedenen Modellen (manchmal sogar verschiedener Hersteller) verwendet (warum auch immer es diese Modellvielfalt geben muss).
Es sind nur ein paar Punkte zu beachten, damit der Motor laufen kann: Es muss Benzin vom Tank über den Vergaser bis in die Brennkammer kommen, ein Zündfunke muss (zur richtigen Zeit) vorhanden sein und genug Kompression im Zylinder. Und natürlich muss sich die Kurbelwelle frei drehen können, der Kolben darf nicht festsitzen, der Auspuff muss frei sein (zur Not läuft er aber auch ohne Auspuff, mit Einschränkungen).

Hier muss ich gleich ein Geständnis machen: Dieser Beitrag ist kein richtiges Logbuch, wie der Titel suggeriert. Ich fand die Formulierung einfach cool 😉 Nein, ich habe mir keine Notizen gemacht oder gemerkt, wann ich was gemacht habe. Die Datumse Daten unten kommen allein von den Rechnungen der gekauften Teile bei Ebay und Co.
Am 12. Juni letzten Jahres bekam ich eine Mail von Alex:

Hey Holgi,

der Roller vom Bengel wollte am Freitag einfach nicht mehr anspringen. Es ist zum Mäusemelken. Zündfunke ist da, (…). Ach ich bin verzweifelt.
Ob ich den ober aller liebsten und besten Holger dazu überreden könnte da einen Blick drauf zu werfen?

Nicht nur, weil ich so ein großes, warmes, weiches Herz habe sondern auch, weil mich das technisch reizte, habe ich gleich zugesagt. Irgendwann brachte Alex den Roller mit seinem Anhänger vorbei und wir nutzten den Abend für eine Geschäftsbesprechung, äh, Biertrinken, Schach spielen und schnacken.

Gleich am nächsten Tag guckte ich mal: Die Sitzbank war bereits runter, es waren schon einige Verkleidungsteile abmontiert, die Wunde Baustelle lag frei. Als erstes prüfte ich, ob wirklich Sprit beim Vergaser ankommt und stellte bald fest, dass der Benzinhahn nicht korrekt funktioniert. Er arbeitet mit Unterdruck vom Kurbelgehäuse: Dann wird über eine Membran der Benzindurchfluss geöffnet. Ich traute dem Teil nicht. Da ein manueller Benzinhahn, ca. 10,- Euro kostet, habe ich einfach einen bestellt. Diese werden von unten in den Tank gesteckt und besitzen bereits einen Grobfilter für den Kraftstoff. Nun konnte ich händisch für Spritfluss sorgen. Apropos: Natürlich habe ich erstmal frischen Sprit in den Tank gefüllt und ne neue Zündkerze besorgt. Die vorhandene hatte einen anderen Wärmewert, aber daran wirds wohl nicht liegen.
Jetzt kam also Sprit beim Vergaser an, also gleich mal einen Startversuch wagen! Die Batterie war geladen, natürlich besitzt der Scooter auch einen Anlasser, man muss also nicht kicken. Und nun orgelte der Motor ordentlich. Leider kam das erhoffte Pött-Pött-Pött nicht. Hm. Schade. Doof.
Nahm man die Kerze raus, tropfte etwas Sprit in den Zylinder, schraubte die Kerze wieder rein und startete, dann hörte man, wie der Tropfen Sprit zündete. Hm. Daumen aufs Kerzenloch, gestartet: Doch, da baut sich gut Druck auf.

Vergaserbaden

Als nächstes musste ich mir also den Vergaser näher anschauen. Am besten abbauen und pauschal reinigen, das kann nicht schaden. Dazu muss man sowohl die Leitung für den elektrischen Choke abnehmen so wie den Gaszug, der von oben in den Vergaser geht. Und natürlich die Sprit- und die Ölleitung. Den Luftfilter hatte ich eh schon abgebaut. Die Funktion, Gas zu geben, ist extrem simpel umgesetzt: Eine Art Nadel sitzt am Ende des Gaszuges und wenn man am Gashebel dreht, dann wird diese Nadel angehoben und sie gibt den Luftdurchlass und die Spritzufuhr frei. Der Vergaser kam erstmal in warmes Spülwasser. Währenddessen sah ich mir die Düsennadel mal genauer an: Hm, so krumm ist die aber original nicht. Wie konnte

Die Nadel.

es nur dazu kommen? Wie kriegt man sowas hin? Was hat der Bengel, äh Alex` Sohn denn da gemacht? „Nichts“ kam auf Nachfrage als Antwort. Na klar. Okay – Als Schlosser kann ich das wieder optisch gerade hinbiegen und eigentlich sollte das der Funktion keinen Abbruch tun, solange die Nadel nicht irgendwie im Vergaser klemmt. Also alles gereinigt, durchgepustet und wieder zusammen gebaut. Orgelorgel – nix. Ich grübelte, Zeit verging. Möglich wäre, dass der Sohn am Vergaser Nadel/Düsentechnisch irgendwas „optimiert“ hatte, was ich so nicht rausfinden konnte. Fakten schaffen: Am 20.07. bestellte ich einen neuen Vergaser, für immerhin 39,27 Euro, aber dafür gleich mit neuem Luftfiltergedöns. Hier konnte ich sicher sein, dass alles wie vom Werk vorgesehen auf einander abgestimmt war und „Out of the box“ funktioineren kann. Ich hatte mich richtig auf die Lieferung gefreut, denn das sollte nun die Lösung sein! Soll ich es gleich verraten? Pustekuchen, der Roller sprang nicht an. Nun musste ich mich weiter vortasten: Der Ansaugstutzen musste runter. Dieser verbindet den Vergaser mit Motorgehäuse.

Unten im Bild der Dremel.

Ich konnte den Stutzen aber nicht einfach abschrauben, denn aus Gründen war der mit einer Art Abrissschraube angebaut: Man kann die Schrauben nicht rausschrauben. Wieder ein Fall für den Metallbauer: Mit einem Dremel hockte ich mich vor den Roller und schnitt ganz fein Schlitze in die Schraubenköpfe und mit einem laaangem Schraubenzieher konnte ich die Schrauben rausdrehen (und dann

Selbstbauschlitze

wegschmeissen. Die neuen Schrauben holte ich bei Hornbach und sind quasi ein Geschenk an Alex, kein Kassenbon mehr vorhanden). Unter dem Stutzen, der von innen super sauber war, sitzt die Membran. Deren Zungen sorgen dafür, dass zwar das Kraftstoffgemisch in den Motor rein kann, aber nix raus. Sie waren leichtgängig und unverformt. Es gab keinen Grund, nun auch noch eine neue Membran zu kaufen. Ich habe aber kein Foto davon.
Was nun? Möglich wäre, dass zwar ein Zündfunke kommt (das hatte ich ja auch getestet), aber dieser zum falschen Zeitpunkt und deswegen der Motor nicht laufen kann. Heutzutage gibt es keine mechanischen Zündfinger mehr, das ist alles elektronisch. Man kann also auch nix einstellen, man hat nur die CDI als Blackbox. Ach, was solls. Am 30.08. bestellte ich eine neue CDI für 21,62 Euro. Später im Gespräch mit Alex erfuhr ich, dass der Sohnemann die selbst mal ausgetauscht hatte gegen eine Tuningvariante (was ohne weitere Maßnahmen nicht viel bringt). Auf jeden Fall wurde so meine Vermutung gestärkt, dass am Motor doch etwas mehr gefummelt wurde, als öffentlich bekannt gemacht wurde.
Dann baute ich doch den Zylinder ab, was ich bisher möglichst vermieden hatte. Aber nun wollte ich nachschauen, ob irgendwo Riefen sind, irgendwas nicht so rund läuft wie man erwartet usw. Dazu muss erstmal die üppige Kunststoffverkleidung entfernt werden. Wozu ist die da? Kontrollierte Luftführung wegen der Kühlung und um Geräusche zu reduzieren? Einen mechanischen Zweck erfüllt die nicht. Der Abgaskrümmer ist mit zwei Schrauben fest und kann mehr oder weniger einfach gelöst werden; man kommt halt doof ran. Der Kopf mit Zylinder ist einfach direkt mit vier laaangen Schrauben zusammen auf den Motorblock geschraubt. Früher war das aufwändiger umgesetzt, nun war das fast wie Fischertechnik (falls das noch jemand kennt). Und, aber gut: Alles war glatt und geschmeidig. Ich nahm sogar die Kolbenringe ab und quälte mich dann damit, diese wieder korrekt einzusetzen und den Zylinder wieder rüber zu bekommen. Und wie ich schon erwähnte: Im Grunde alles simple Technik. Aber warum zur Möwe läuft der Motor nicht?
Meine allerliebste Eherfrau nörgelte schon, weil der Roller da vorne „so doof rumsteht“ und überhaupt, wie sieht das denn aus? Ich habe ja keinen Sinn für sowas, aber verärgern wollte ich sie ja auch nicht… dauerhaft. Es musste weiter gehen.
Am 07.09. besorgte ich noch einen neuen Dichtungssatz für den Zylinder & Co: 9,- Euro, das kann man dem Motor wohl gönnen. Aber ansonsten war ich mit meinem Latein erstmal am Ende. Es gab von Beginn an die Vermutung, dass zu viel Sprit ins Kurbelgehäuse gelangt ist und den Motor hemmt, aber das sollte mittlerweile alles verdunstet sein. Was könnte es sonst noch sein? Ich machte mir sogar die Mühe und schaute einige entsprechende Youtube-Videos, was bei dieser Thematik echt eine Herausforderung ist: Nicht wegen der technischen Raffinessen sondern wegen der Art der Präsentation des Ganzen durch die Protagonisten. Ähnlich, aber immerhin technisch einiges versierter sind die diversen Web-Foren dazu. Oft stellen irgendwelche Ahnungslosen (das soll nicht abwertend sein) unpräzise Fragen und und genau so oft kommen dann die standardisierten Rückfragen und Allgemein-Antworten (die leider nicht immer was mit dem erfragten Problem zu tun haben). Es ist recht mühsam, aus den vielen, aber oft ähnlichen Informationen die für mich wichtigen und wertvollen rauszusuchen. Ich hatte schon den Plan, meine ganzen Versuche fein akribisch aufzuschreiben und dann in einer der Foren nach Lösungsvorschlägen zu fragen. Aber ich hege die Vermutung, dass mein liebevoller Text nicht vollständig gelesen würde und es deswegen dann zu vermeidbaren Rückfragen käme. Und garantiert schreibt dann irgendwann irgendwer „ohne dies und das brauchst du gar nicht weiter machen“ und meine gezielten Nachfragen werden technisch nicht erläutert („ist einfach so“) und damit wären die Antworten für mich nicht hilfreich.

Es könnte natürlich auch ganz anders kommen, aber letzte Woche hat Alex den Roller hier abgeholt, wir verbanden das wieder mit einer weiteren Geschäftsbesprechung und gut ist. Alex ihm sein Sohn will mit seinen Kumpels selbst am Roller schrauben. Na, viel Erfolg, vielleicht helfen euch meine Hinweise hier ja sogar weiter. Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.

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4 Replies to “Logbuch einer gescheiterten Instandsetzung”

  1. He He .. jetzt geht ja auch das Segeln wieder los. Da hat du genug zu tun und sollst dich nicht mit meinem Kram belasten. Und wenn die Jungs bis Mai nicht geschraubt haben geht der Rolle als Teilesammlung bei Kleinanzeigen über den Tisch. Falls ein Leser Interesse hat: gerne melden.

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