Zum Abschluss des Jahres will ich einigen Lesern was Gutes tun: Ich erzähle, wie ich Nichtraucher wurde. Es wird doch bestimmt wieder welche geben, die sich das als guten Vorsatz für Neujahr vornehmen? Vielleicht hilft euch das, was ich damals gemacht habe.

Ich bin nun seit über 6 Jahren Nichtraucher. Davor habe ich 34 Jahre quasi am Stück geraucht. Vorm Essen, nachm Essen, vorm Kacken… Raucher wissen, was ich meine. Ich konnte mir nie vorstellen, nicht zu rauchen. Alles im Leben wurde immer so geplant und danach ausgerichtet, ob man dort (Gaststätte, Urlaub, Feierlichkeiten…) rauchen kann und ob man immer genug Tabak dabei hat (ich war bekennender Dreher). Zur Selbstverarschung hat man sich immer irgendwelche Grenzen gesetzt: Nicht vor dem ersten Kaffee, nicht im Wohnzimmer, nicht im Auto (außer es guckt keiner), nur jede Stunde (und dann in zehn Minuten zwei durchziehen, die nicht mal „schmeckten“). Einige rauchen deswegen sogar Leichtzigaretten.
Eine Woche vor meinem 50. Geburtstag saß ich Abends in meinem Arbeitszimmer, wo ich oft saß, denn dort „durfte“ ich rauchen. Ich machte so Internet-Dinge, hörte Musik, trank ein paar Bier und… rauchte eine nach der anderen. Irgendwann blickte ich auf meine Finger, wie sie eine Fluppe im übervollen Aschenbecher ausdrückten und dachte mir: „Was machst du hier überhaupt für einen Unsinn?“. Zu der Zeit rauchte Angela auch noch. Zwar viel weniger, aber… An diesem Abend war sie auf der Couch eingeschlafen. Meist wachte sie irgendwann auf, wir rauchten noch eine zusammen und gingen ins Bett. Dieses mal wartete ich nicht darauf. Nach meinem Aschenbecher-Blick war ich mir so klar wie nie: Rauchen ist Quatsch, es geht auch ohne. Ich ging ins Bett.
Am nächsten Morgen war ich mir immer noch sicher. Angela wusste immer noch von nix. Irgendwann nach dem Frühstück wunderte sie sich, dass ich noch keine rauchen war und sie wollte nun. Da sagte ich ihr, dass ich nicht mehr rauchen werde, gar nicht mehr. Das konnte sie natürlich nicht glauben, aber wenn das so wäre, dann wollte sie auch nicht mehr. Ganz so einfach ist es leider nicht. Man kann sich einige Zeit zusammenreissen, aber beim Rauchen gibt es zwei Probleme: Gewohnheit und Sucht. Raucher, die was anderes behaupten, lügen. Irgendwann wissen die Finger nicht, was sie tun sollen und der Kopf redet einem unglaubliche Sachen ein. Da bekommt man den Hauch einer Vorstellung, wie sich so ein Heroin-Junkie fühlen kann… zu meinem Glück hatte ich was daheim, was mir in diesem Moment wirklich half: Tabak-Pastillen „Oliver Twist“. Diese Pastillen hatte ich für irgend eine lange Reise, wo es zwischendurch nicht möglich sein sollte, eine Raucherpause einzulegen, besorgt. Ich habe sie damals verwendet, aber schnell wieder durch echte Fluppen ersetzt. Jetzt konnten sie mir sehr gut helfen. Diese Pastillen sind winzige, aromisierte und aufgerollte echte Tabakblätter. Mit echtem Nikotin drin.

Ich bin damals so vorgegangen: Als der Schmacht zu dolle wurde, wartete ich trotzdem noch ein wenig und irgendwann schob ich mir so eine Pastille zwischen Zahnfleisch und Wange. Erstaunlich, wie schnell das Nikotin in den Körper und ins Gehirn gelangt! Damit hatte ich die Sucht im Griff. Irgendwann halbierte ich die Pastillen mit dem Taschenmesser. Und ich versuchte immer, den Zeitpunkt „wo es nicht mehr ging“ möglichst nach hinten zu schieben. Das war irgendwann mehr Anreiz als Quälerei, man entwickelt einen neuen Ehrgeiz: Wie lange schaffe ich ohne? Ich glaube, so insgesamt brauchte ich vier oder fünf von diesen kleinen Dosen („Döschen“ ist ein komisches Wort), wobei jede immer etwas länger in Verwendung war als die vorherige. Irgendwann merkte ich: Ach, die brauche ich gar nicht mehr. Das wars mit der Sucht.
Und die Gewohnheit? Wenn man sonst geraucht hat, setzt oder stellt man sich für die Zeit einfach irgendwo hin und wartet ab. Das wird einem schnell zu blöde, und man macht den Abwasch etc. einfach sofort, glaubt mir 😉 Vielleicht kommt es auch dazu, dass man einfach mal ein Buch liest?

Niemals mehr habe ich seitdem eine geraucht. Und lange keine Zigarette angefasst. Mittlerweile mache ich mir eine Freude und drehe mal eine Fluppe, wenn jemand mit Tabakbeutel in meiner Nähe ist. Die werden immer noch schön fest und gerade.
Man merkt es natürlich schnell, wenn man nicht mehr raucht: Weniger Dreck, weniger Gestank, „im Mund“ fühlt es sich anders an. Übrigens: Der Geschmackssinn wird nicht besser, nur wieder intensiver. Und der Kopf ist nicht immer irgendwie am Rande mit Beschaffung, lauern auf Gelegenheiten, abschätzen bis zur Nächsten usw. beschäftigt. Was mich aber am meisten verwundert: Als Nichtraucher hat man auf einmal so viel Zeit! Das ist wirklich ein unerwarteter Gewinn. Da ist es fast schon nur ein Nebeneffekt, wenn sich der Hausarzt freut, weil das Herzinfarkt-Risiko um 90% gesunken ist. Angela fiel es überraschenderweise nicht so leicht, aufzuhören und hat sich ein paar mal „heimlich“ eine Zigarette reingezogen.

Geld: Ja, auch das merkt man. Wie teuer war eine Schachtel damals? 5 Euro? Eine Packung Tabak war ähnlich, genau weiß ich es nicht mehr. Ich meine, ich habe mir damals vorgerechnet, ich würde 120 Euro im Monat „verquarzen“, aber vermutlich war es mehr Geld. Nein, ich hatte mir kein extra Nichtraucher-Sparschwein hier hingestellt. Ich habe mich einfach gefreut. Und wenn man die Fluppenpreise heute anschaut, dann kann ich nur noch grinsen und die rauchenden Luschen bemitleiden. Echt: Luschen. Wer raucht, ist selbst schuld. Das ist weder cool noch eine besondere Leistung und ich bin ein guter Beweis, dass es jeder schaffen kann, damit aufzuhören. Rückblickend kann ich das gar nicht glauben: Jahrzehntelang habe ich für teures Geld Dinge gekauft, um diese zu verbrennen und den Rauch einzuatmen. Und mir eingeredet, wie toll das wäre. Wahnsinn… Ja, ehrlich: Es gab leckere Zigaretten-Momente. Aber die allermeisten Fluppen hat man sich wegen des Giftes reingezogen und schmeckten eigentlich scheisse.

Also, euch viel Glück mit eurem neuen Motto: Es geht auch ohne!

2 Replies to “Nicht rauchen”

  1. Mir ging es ähnlich, ich habe vor drei Jahren aufgehört, davor habe ich zehn Jahre gebraucht – aufgehört, angefangen, weniger geraucht usw. usf. Eine lange und überflüssige Leidensgeschichte, am Ende mit einer gelbroten Karte von meinem Arzt.

    Wer einen Motivationsschub braucht, dem empfehle ich wahlweise den Besuch einer onkologischen Station oder der Gefäßchirurgie.
    Guten Rutsch!

  2. Ich kann bestätigen, dass niemand geglaubt hätte, dass Holger der alte Seebär einfach (naja, nicht sooo einfach) mit dem Rauchen aufhört.

    Wenn Holger das schafft ….

    der 17 Jahre rauchfreie Alex

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