Pokern ist ja sehr in Mode gekommen. Auch ich habe einen Account bei Pokerstars, schaue gern die TV Total Pokernacht etc., aber Tatsache ist: Ich bin nicht erst „neuerdings“ ein Poker-Fan sondern mache das schon seit über 20 Jahren. Ich und meine Freunde haben damals einfach mal an einem Sonntag aus Langeweile angefangen. Und weil wir im Grunde keine Ahnung hatten und rudimentäre Pokerregeln und -Varianten nur aus diversen Fernsehserien oder Filmen aus der Videothek kannten (Internet kannten wir da noch nicht!), haben wir uns kurzerhand selbst eine Variante ausgedacht und über die Zeit noch verfeinert. In den letzten Jahren kamen wir immer wieder in Verlegenheit, wenn man mit anderen darüber sprach (die meist auch nicht viel Ahnung haben). Die fragen dann gleich: „Ja, interessant, was spielt ihr denn? Texas Holdem?“ Die meisten kennen ja nur diese eine Variante und überhaupt konnten wir immer nur ausweichend antworten: „Ja nee ja, das ist so eine eigene Variante, die wir spielen“. Da hört das Gespräch oft auch schon auf: Man tauscht ein paar nette Floskeln und wechselt das Thema. Um das mal endlich nach langer Zeit gerade zu biegen werde ich euch nun diese unsere Variante erklären, in der Hoffnung, dass es ausreichend verständlich und nachvollziehbar ist. Und weil das Kind einen Namen braucht heisst es ab nun:
HMH 6 Stud Poker
Die drei Buchstaben kommen von den Vornamen des „Gründerteams“, die heute noch dabei sind: Hartmut, Michael und Holger. Die 6 natürlich, weil es mit sechs Karten gespielt wird und Stud nennt man alle Pokervarianten, bei denen der Spieler sowohl verdeckte als auch offene Karten bekommt. Momentan sind mir neun Personen bekannt, die diese Variante kennen und schon gespielt haben. Vielleicht ändert sich das ja bald dramatisch 😉
Gespielt wird mit Französischem Blatt, also 7 bis Ass in den vier Farben Karo, Herz, Pik und Kreuz (ohne die Karten 2 bis 6!). So ein Blatt sollte eigentlich jeder zuhause haben, braucht man ja für Mau Mau. Desweiteren nehmen wir die üblichen Pokerchips. Wenn es im folgenden um Einsätze geht werde ich der Einfachheit halber „Euro“ verwenden. Die maximale Anzahl an Spielern ist 5, da ja das Blatt nur aus 32 Karten besteht (5 mal 6 ist 30 😉 ). Sollten es mehr Spieler sein, so kann z.B. der Geber „seine“ Runde“ nicht mitspielen, oder man denkt sich ein System aus, wer jeweils aussetzt (der letzte Gewinner, der rechte Spieler neben dem Geber etc.).
Die Wertung der Blätter ist im Grunde wie beim bekannten Poker, mit kleinen aber wichtigen Ausnahmen: Strassen (Straight) können nicht „willkürlich“ sein. Entweder man hat eine kleine Strasse (7-8-9-10-B) oder eine grosse (10-B-D-K-A) alles dazwischen zählt nix. Ein Flush (Farben-Flush, fünf Karten von einer Farbe) sind höherwertiger als ein Fullhouse (X-X-X-Z-Z) oder ein Vierling, da er seltener vorkommt (32 statt 52 Karten).
Nun geht es ans austeilen: Jeder Spieler erhält reihum erst zwei verdeckte und dann eine offene Karte. Natürlich darf jeder seine verdeckten Karten anschauen. Jetzt kommt die erste Setzrunde und gleich zwei weitere Besonderheiten, erstens: Man kann nicht checken! Entweder man setzt etwas oder man folded (geht raus). Das gilt für jede Runde. Natürlich kann man das hier aufweichen, in dem man das Recht auf den ersten Einsatz weitergibt, weil man selbst nicht will, aber spätestens am Ende der Setzrunde muss man entweder den gewünschten Betrag bringen oder rausgehen.
Zweitens: Es wird nicht reihum gesetzt, sondern geschaut, wer die höchste Karte hat. Dieser setzt dann einen von ihm gewählten Betrag. Bei uns sind das entweder mindestens 25 Cent (die „kleinsten“ Chips) oder maximal 2 Euro. Jeder, der danach kommt (nun wieder reihum!), kann diesen Betrag entweder callen, also mitgehen, oder noch erhöhen. ABER: Höchstens das doppelte des vorherigen Einsatzes und nie mehr als 2 Euro (unser Limit).
Beispiel:
Spieler A setzt 25 Cent, Spieler B erhöht auf 50 Cent. Nun kommt Spieler C und meint, er muss mitstinken und erhöht wiederum, diesmal nur auf 75 Cent (bis 1 Euro dürfte er). Spieler D kann nun maximal verdoppeln auf 1,50 Euro, er darf also nicht bis zum Limit von 2,- Euro gehen! Alle anderen müssen die Erhöhungen natürlich auch bringen oder rausgehen. Der bisherige Einsatz verbleibt natürlich im Pott. Klar so weit? Solch eine Setzrunde kommt aber auch nicht so oft vor 😀
Wenn alle Einsätze gebracht sind (oder schon Spieler rausgegangen sind), dann kommt die vierte Karte (die zweite offene). Obacht! Auch hier wird geschaut: Wer hat die höchste Karte? Dieser kriegt als erstes die nächste Karte. Dann bekommt der „zweithöchste“ seine Karte usw. Wer also in der ersten Runde eine Karo-7 bekam, kriegt nun definitiv als letztes seine nächste Karte, wer ein Ass bekam ist eher dran. Klingt kompliziert, ist aber recht einfach. In der Regel passen alle genau auf, wer wann dran ist und wer sich vergibt muss 25Cent in den Pott schmeissen 😉
Nun wird wieder gesetzt, wie in der ersten Runde. Hier darauf achten, ob jemand evtl. schon ein Pärchen offen hat. Zwei Achten sind höher als ein Ass und noch irgendwas, also darf der Spieler mit dem Zwilling die Setzrunde starten.
Wenn das einmal rum ist, kommt die fünfte Karte, also die dritte offene. Diese wird wieder nach Kartenwertung verteilt (der mit dem Pärchen bekommt als erster usw.). Hier trennt sich auch oft die Spreu vom Weizen und einige gehen raus. Wer drin bleibt hat schon gute Karten oder hofft noch auf die letzte Karte.
Jetzt noch mal setzen wie gehabt und die letzte Karte, die vierte offene von insgesamt sechs Karten, wird verteilt. Der mit dem höchsten (offenen) Blatt darf setzen, die anderen dürfen (bis zum Limit) erhöhen. Hier eine Besonderheit, die man nicht spielen muss, sich aber bewährt hat: Wenn wir nur noch drei Spieler in der aktuellen Runde sind (alle anderen haben gepasst) erhöhen wir das Limit auf 5 Euro. Bei zwei Spielern (ein Heads Up) geht das Limit auf 10 Euro. Nach dieser letzten „offiziellen“ Setzrunde ist das Setzen offen. Jeder noch beteiligte Spieler kann einen Einsatz bringen und/oder mit einem kleinen Chip („zum Sehen“) die Runde beenden. Das Setzen ist hier bewusst nicht klar definiert, aber das regelt sich immer von selbst. Wer zögert hat sicher seinen Grund 😉
Jetzt ist endlich der Moment der Wahrheit: Die noch vorhandenden Blätter werden aufgedeckt und es wird festgestellt, wer gewonnen hat. Der Sieger streicht den Pott ein und es beginnt wieder von vorn. Es hat sich rausgestellt, dass die ersten Partien recht unspektakulär und zügig ablaufen, und je später der Abend desto länger die Runden. Und es ist nicht immer gewinnbringend, bis ans Limit zu gehen. Wie auch bei anderen Pokerrunden wartet jeder auf seine Chance, da kann das Denken schon mal etwas dauern….
Viel Glück dabei!
Diese Variante muss man taktisch etwas anders spielen als z.B. Texas Holdem und man braucht neben etwas Glück auch eine gute Portion „Pokergefühl“! Auf jeden Fall haben wir selbst nach 20 Jahren noch immer überraschende Situationen und es gewinnt nicht immer der mit dem besten Blatt… als wir anfingen waren übrigens so etwas wie „Pokerchips“ echt rar und eigentlich gar nicht für den normalen Menschen käuflich zu erwerben. Wir haben uns damals mit Spielgeld (Scheine) aus einem Spiel ähnlich Monopoly beholfen: Es hiess „Tycoon“ und statt Strassen waren ausschliesslich Firmen und Unternehmen aus Oldenburg auf dem Spielplan vertreten… ich habe mein Exemplar noch und Hartmut hat seines damals dafür geopfert. Wenn also mal jemand mit uns zusammen spielt: Nicht wundern, wenn da auf einmal von „Tycoons“ statt Chips die Rede ist, wenn gesetzt wird…
Finanzielles: So ganz ohne den Reiz des Geldes geht es auch hier nicht. Wir tauschen zu Beginn üblicherweise jeder 50 Euro ein und erhalten unsere Chips als Gegenwert. Das kann nach „viel“ klingen, aber in der Regel kann man damit einen ganzen Abend (bis 2-3 Uhr nachts geht das schon mal) abdecken.Und selbst wenn man am Ende keine Chips mehr hat, um etwas Knete zurück zu tauschen, so hatte man sicher einen insgesamt spassigen und günstigen Abend. Dazu kommt, dass wir das reihum, „bei jedem mal“, so alle sechs bis acht Wochen machen (es können auch schon mal drei Monate vergehen). Derjenige stellt dann auch Getränke etc. zur Verfügung. Das ist dann für die anderen noch mal günstiger 😉 Bei mir persönlich ist es immer so, dass ich den ersten Fuffi verzocke, dann noch mal einen Fünfziger „nachtausche“ und damit dann den ersten und noch mehr wieder gewinne (leider nicht immer, tja).
Und witzig wird das auch immer, wenn wir aus dem Pokerabend ein „Event“ machen. Sei es nun, dass wir mit dem Wohnwagen an die Nordseeküste (Dangast) fahren und dort die Nacht durchpokern oder wir im Winter ein „Schrottwichtelpokern“ veranstalten (was das genau ist darf sich jeder selbst denken). Wir haben auch schon auf der Fähre nach Helgoland gepokert oder in einer Jagdhütte und ich habe noch Ideen genug, damit das nie langweilig wird 😀
Nachtrag 11/2012:
Seit einiger Zeit haben wir den Einsatz halbiert: Man tauscht üblicherweise nur 25,- Euro ein, für die man aber immer noch Chips im Wert von 50,- Euro bekommt. Es ändert sich also nichts am Spiel selbst, nur Gewinne und Verluste reduzieren sich. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass ein schöner Abend so wie so viel mehr Wert ist!
Des weiteren kann wohl keiner mit dem Namen „HMH 6 Stud Poker“ was anfangen. Wenn wir drüber reden, dann ist es immer „unsere Variante“. Und weil ich Abkürzungen so mag, ist das dann wohl UV-Poker, auch cool 😉
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