Es stört mich selbst und ich kann nichts dagegen machen: Immer wieder fällt mir an mir selbst auf: Ich bin extrem unentspannt und ungeduldig. Aber ich bin zumindest so selbstkritisch, DAS es mir überhaupt auffällt. Ich zähle mal auf:
Still sitzen und nichts tun fällt mir schwer. Ruhe fällt mir schwer, obwohl ich sie immer suche. Aber ich mache fast immer das Radio an, damit ich „im Hintergrund“ was hören kann, obwohl ich nicht immer zuhöre (aber lieber NDR Info als NDR2, weil Werbespots mich provozieren). Wenn ich z.B. ein Youtube-Video schaue, dann denke ich, das müsste doch gleich vorbei sein, das ist doch nur 16 Minuten lang. Dabei sind erst 5 Minuten vergangen, wenn ich auf die Timeline schaue. Wenn ich durch die Fußgängerzone laufe, habe ich immer Leute vor mir, nie hinter mir. Die meisten Menschen laufen zu langsam, zumindest für meinen Geschmack. Und immer vor mir statt neben mir… ich mach dann dicke Backen, atme aus und verlangsame meine Schritte. Warum habe ich es eilig? Habe ich es überhaupt eilig? Nein! ist meist die Antwort, es kommt nicht auf die Minute an. Aber ich bin sehr Effizienz-orientiert. Nervt mich selbst manchmal. Andererseits nehme ich immer die Treppe, fast nie den Fahrstuhl. Bewegung ist gut. Wenn ich was suche und das nicht innerhalb einer vernünftigen Zeitspanne suche, dann werde ich… verrückt. Hauptsächlich, weil ich diesen einen Gedanken, meine Idee, nicht weiterdenken kann und im Kopp quasi die Pausentaste gedrückt halten muss, während von hinten schon die nächsten Gedanken drängeln. Und manchmal überholen können.
Und – ihr kennt es doch auch? – man geht irgendwo hin, bleibt stehen und denkt: Was wollte ich hier? Mittlerweile entscheide ich mich dabei nur noch zwischen zwei Möglichkeiten: Ich verwerfe einfach was auch immer ich vor hatte oder ich gehe dahin zurück, wo ich herkam, um den Gedanken wieder neu zu denken und versuche währenddessen, keine neuen Gedanken zuzulassen (was eigentlich gar nicht funktioniert). Wenn ich schlafen gehe, dann höre ich ziemlich oft noch irgendwelche Podcasts, damit meine Gedanken kanalisiert werden. Immerhin schaffe ich es jetzt immer häufiger, ohne iPhone und Podcasts einzuschlafen sondern mir irgendeinen schönen Gedanken zu schnappen und darauf geistig rumzukauen, bis ich einschlafe. Manchmal höre ich auch klassische Musik (da gibt es echt tolle Stücke). Dass ich irgendwann viel zu früh aufwache (meist so um 3:48 Uhr), ist fast schon normal. Man geht pinkeln, trinkt was, legt sich wieder in die warme Furzmole. Wenn ich dann nicht wieder einschlafen kann, dann schaue ich bei Lichess rein und löse ein paar Aufgaben. Das fokussiert und macht mich müde. Wenn ich weiss, dass ich den Schlaf nicht brauche, dann stehe ich auch schon mal auf und blogge irgendwas (das hier aber nicht 😉 ). Ich hatte es auf meinen Seiten schon mal erwähnt: Ich bin echt kein Mensch für die übliche gesellschaftliche Zeittaktung (hier und hier, jeweils der untere Absatz) . Ich würde am liebsten die Dinge in einer „anderen“ Reihenfolge erledigen. In keiner festen, sondern eher so… frei. Mehr parallel als seriell. Mal hier, mal da und am Ende ist auch alles erledigt, aber mit viel mehr eigener Zufriedenheit. Warum muss man frühstücken? Und wann? Wenn ich Hunger habe, dann esse ich auch kalte Pizza vom Vortag oder Ravioli aus der Dose. Essen muss für mich kein Ritual sein. Ich bin eh kein Gourmet. „Gutes“ Essen ist an mich verschwendet. Nicht falsch verstehen, es darf gern lecker sein! Aber Erbseneintopf oder Mockturtle mit Spätzle ist für mich „ausreichend“ lecker. Ich muss kein Carnejulayaksteak mit Pullererbsen an weissen-Wildreisrand unter Mangosojasosse haben. Und viel Zeit muss das Essen auch nicht in Anspruch nehmen. Mund auf, Essen rein. Währenddessen kann ich schon vorplanen, was man nach der Nahrungsaufnahme macht. Falls es Nachtisch gibt, kann der auch direkt auf den gerade leer gegessenen Teller verzehrt werden. Ein extra „Kümmchen“ brauche ich dafür nicht. Für Salat auch nicht. Wo wir beim Essen sind: Immerhin werde ich viel ruhiger, wenn ich sehr viel gegessen habe (siehe: Grünkohl oder Grieche).
Und dann ist da noch der Alkohol. Der entspannt. Ich muss echt aufpassen, dass ich nicht zu viel trinke. Die Verlockung ist groß: Das Gehirn wird endlich mal langsamer, die Wichtigkeit der Dinge verschiebt sich und manchmal kommt im sanften Rausch auch eine Erkenntnis, die sich auch am nächsten Morgen noch als prima funktional erweist. Nur: Schlauer werde ich durchs Saufen nicht und die besten Ideen habe ich in der Tat nüchtern. Das ist gut so, denn mein Stolz auf meinen „Geist“ lässt mich drauf achten, dass das nicht aus dem Ruder läuft.
Wo wir gerade bei Gegenmassnahmen für den ruhelosen Geist sind: Gitarre spielen hilft wirklich! Ich muss mich zwar manchmal aufraffen, um täglich ein paar Takte bzw. Akkorde zu spielen, aber wenn ich erstmal anfange, dann spiele ich meist länger, als ich ursprünglich wollte. Und es ist ein tolles Gefühl, wenn man „Musik“ selber (nach)machen kann, sei es House of the Rising Sun oder Seemann, deine Heimat ist das Meer. Und als Nebenerkenntnis: Mundharmonika ist toll (und im Grunde echt einfach).
Ich habe ganz sicher einiges in dieser Auflistung vergessen, aber wenn ihr bis hier hin mitgelesen habt, dann versteht ihr eh, was ich meine.
Meinen Tinnitus erwähne ich hier eher selten, aber ich vermute, er ist als jahrelanger Begleiter mittlerweile nicht „nur“ Symptom (komisches Wort, wenn man es schreibt) und Warnsignal (für irgendwas, das ich noch nicht rausfand) sondern auch Weichensteller für das, was ich denke.
Ein Fazit kann ich hier natürlich nicht liefern, aber ich kann euch erzählen, was so als Gegentherapie geplant ist:
Am 01.08.2025 werden meine Frau und ich in eine einjährige dreizehnmonatige Segelauszeit starten. Der grobe Plan: Bis zum Winter zu den Canaren segeln, dann ein wenig im Mittelmeer rumschippern und wieder zurück in die Hunte. Und währenddessen „endlich“ nicht mehr das Alltagsgeficke der letzten 40 Jahre erleben: Saudumme Fragebögen per Post, Grundsteuerberechnungen, sinnloses Telefonklingeln, Stromtarife. Ich denke, ihr wisst, was ich meine. Und nein: Ich bin nicht naiv! Wir werden ganz neue, exklusive Probleme zur individuellen Lösung vorgeworfen bekommen, aber das ist dann in einem anderen Leben, die andere Seite vom Alltag.
Was wohl meine 6000 Hertz dazu sagen werden?
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