In unserer Tageszeitung gibt es schon seit einer gefühlten Ewigkeiten Kleinanzeigen. Immer Dienstags als eigener Zeitungsteil. Damals, noch bevor sich das Web etablierte, da holten sich viele Menschen die Zeitung immer Dienstags und Samstags. Diese Kleinanzeigen (ich glaub, zu beginn kostete eine Anzeige fünf Mark) war sehr beliebt, einige Leser studierten regelrecht alle Rubriken. Diese Kleinanzeigen gibt es immer noch. Aber irgendwas ist seltsam.
Mir fiel schon seit einiger Zeit auf: Hey, da sind ja viele Anzeigen mit Fotos drin! Früher waren das meist nur Zweizeiler, Fotos die absolute Ausnahme. Neulich guckte ich mal genauer hin und wurde stutzig. Alle diese Anzeigen sind aus einer Ausgabe, und es gab sogar noch mehr in dieser Art:
Schaut mal genau hin: Das sind doch sehr geringe Preise, oder? Und dafür so einen Aufwand, viel Text und sogar mit Bild? Lohnt sich das? Zumal mindestens eine davon sogar in der Ausgabe davor schon auftauchte. Was kostet eigentlich so eine Anzeige? Auch davon machte ich einen Screenshot:
Ohne ab sieben, mit Foto ab 13,- Euro. Und sowas für einen 10-Euro-Angebot? Verhandlungsbasis? Dann sind ja alle diese Anzeigen schon jetzt Minusgeschäfte, wenn ich „Handel“ richtig verstanden habe. Sowas macht doch kein Mensch! Warum also ist das so? Ich habe da zwei bis drei verschiedene Erklärungen, die sich nicht zwingend gegenseitig ausschliessen müssen:
- Das sind Fake-Anzeigen. Der Azubi der Redaktion kriegt jede Woche die Aufgabe, sich ein paar Anzeigen auszudenken, um die Lücken hübsch zu füllen. Das würde aber mit den angegebenen Rufnummern kollidieren, wenn wirklich mal jemand die sagenhaft günstige gebrauchte, auf Pflastersteinen rumliegende Duschgarnitur erwerben will, weil der Duschkopf so schön groß ist. Ich habe die Telefonnummern nicht getestet. Könnte natürlich sein, dass die gar nicht vergeben sind.
- Mitarbeiter der Zeitung kriegen das Angebot, dort kostenlos Anzeigen zu platzieren. Sogar mit Foto, um die Lücken hübsch zu füllen. Das wäre gar nicht mal so abwegig. Mit etwas Mühe könnte man beobachten, ob Rufnummern häufiger auftauchen.
- Das sind Anzeigen, die eigentlich für das (natürlich) dazugehörige Online-Portal bestimmt sind. Dort kann man bis zu zwei Wochen kostenlos inserieren. Und andersrum stehts ja schon da: „zusätzlich erscheint die Anzeige online….“. Ich wollte mich da ein wenig umsehen, aber die Webseite ist so dermaßen Scheisse und kaputt, das kann man sich nicht antun.
Erstes Fazit: Ich bin kein „guter“ Journalist im Sinne von Bild und Spiegel (ach, wie schön diese Titel zusammenpassen, fällt mir erst jetzt auf). Ich könnte ja mal ein paar Anzeigen weiterverfolgen, die Rufnummer recherchieren, die Ersteller befragen. Ich könnte selber eine Testanzeige aufgegen und versuchen, die zu verfolgen etc. So hätte ich eine kleine Sensations-Skandal-Enthüllungs-Story, die ich verkaufen könnte… aber nee. Ich bin nicht der Typ, der Schtonk macht.
Zweites Fazit: Bzgl. der gedruckten Kleinanzeigen fühle ich mich für Dumm verkauft. Viel Kulisse, wenig dahinter. Aber mir sind diese Kleinanzeigen zwar über die Jahrzehnte irgendwie ans Herz gewachsen, nutzen tue ich sie nicht mehr. Also kanns mir eigentlich auch egal sein. Seltsam finde ich es trotzdem…
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