Der Titel dieses Artikels wird einige verwirren. Aber nach einigen Überlegungen („Noch vier Monate“, „Mann: Doch kein Arsch“ usw.) wählte ich einfach die Überschrift, die genau das aussagt, was ich schreiben will: Ich habe gestern Abend im Bett den Roman „Der Zauberberg“ von Thomas Mann endlich durchgelesen (welch Fügung, dass gestern der Heilige Abend war).
Und vor mehr als vier Monaten schimpfte ich hier auf Thomas Mann, wegen des langen französischen Dialogs. Da hatten wir noch Sommer. Und auch das kann ich gleich vorweg relativieren: Am Ende des eBooks gibt es einen Nachtrag, wo genau diese Stelle ins Deutsche übersetzt abgedruckt ist. Leider fehlte an entsprechender Stelle ein Hinweis darauf. Und bei einem PDF lässt man nicht mal eben die Seiten durch die Finger rauschen, um sich einen Überblick zu verschaffen.
Apropos Seiten: Hätte ich den Roman als Buch vor mir liegen gehabt; ich weiss nicht, ob ich den je gelesen hatte. Denn obwohl ich seit Beginn der Lektüre stets vermied, von extern irgendwelche Hinweise auf die Story etc. zu bekommen, schnappte ich irgendwann und -wo die Info auf, dass es sich um ein 1000Seiten-Werk handeln sollte. Das muss ein dickes Buch sein. Und gut, dass man das bei einem PDF nicht gleich erkennt, denn das kann einen schon abschrecken. Zum Vergleich: Der Schwarm von FS hat 980 Seiten, Rattentanz ca. 800, Wir Ertrunkenen auch etwas über 800 und Die Festung Von LGB kommt in der gebundenen Ausgabe auf gute 1400 Seiten.
Ein eBook ist anders aufgebaut als ein gedrucktes Exemplar, aber im Romantext fand ich immer wieder fortlaufende Eintragungen ala {894}. Ein ganz offensichtlicher Hinweis auf ursprüngliche Seitennummern (wie auch am Ende des Buches erwähnt wird). Tatsache ist: Wenn man mit dem Zauberberg anfängt, dann will man auch wissen, wie es endet! Obwohl der Story-Verlauf an sich nicht wichtig ist, sondern viel mehr die vielen kleinen Kapitelchen, bei deren Absätzen ich immer wieder das iPhone sinken liess, um nachdenklich in die Ferne zu schauen. Nur bei ein paar sehr epischen Diskussionen vornehmlich zwischen Naphta und Settembrini ging ich später dazu über, dass sehr, sehr quer zu lesen (immer mit dem Versuch, Aussagen und Gedanken von Hans Castorp dennoch einzufangen). Dann und wann überlegte ich, wie man die Behauptung „tausend Seiten“ wohl auslegen kann. 980 mochten auch an die tausend sein (dann wäre ich bald durch), 1100 leider auch. Und hier kann ich spoilern: Letztere Annahme trifft zu. Dazu möchte ich wiederholen, dass dieser Roman nicht mein „Hauptbuch“ war, ich las ihn wie schon mal erwähnt mehr so nebenbei. Außer in den letzten Wochen, da gab ich Lesegas. Es war übrigens gar nicht so leicht, externe Informationen zu vermeiden, denn ganz überraschend (ich habe das wirklichwirklich nicht gewusst), jährte sich Ende November der 100. „Geburtstag“ des Romans, der Tag, an dem er veröffentlicht wurde. Und da wurde überall darüber berichtet: In der Tageszeitung, im Zeitzeichen-Podcast usw. Jetzt erst recht: Andere Bücher hinten angestellt und Fokus hier hin.
Mein Fazit: Ich fühle mich bereichert! Man kann sich auch nach der Lektüre des Romans damit beschäftigen, oder besser: Der Roman verlässt einen nicht, nur weil man ihn zur Seite legt. Hätte ich nicht so viel um die Ohren, dann würde ich mir das ein oder andere Kapitel auch noch „in Ruhe“ und mit quasi anderen Augen noch einmal durchlesen.
Kann, soll man diesen Roman anderen empfehlen? Weder ja noch nein: Das muss echt wirklich selber wissen. Aber um mich zu wiederholen: Ich fühle mich bereichert.
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