Wenn ich diese Tage Radio höre und bemerke, wie jede Pop-Funzel versucht, den Musikmarkt mit weihnachtlichen Liedern zu bereichern und die alle irgendwie gleich und Einfallslos sind (rythmische Klingelchen im Hintergrund und ein geschmuster Text mit Christmas in irgendwas), dann bin ich immer im Geiste dabei, zum Rapper zu werden (singen kann ich ja nicht) und reime mir was mit „Christmas in my Ass“ zusammen. Und das ist dann härter als der Weihnachtssong von Sido, weil ich meine ganze Abneigung in meinen Flow bringe… zumindest danach lächele ich dann meist 😉

Wesentlich passender und besinnlicher ist da folgendes: Meine Kinder müssen für die Schule „Nathan der Weise“ lesen. Natürlich nicht ohne im Unterricht über Lessing zu sprechen. Und wie mein Sohn mir davon erzählte, da wurde ich doch neugierig und las bei Wikipedia nach. Und dabei musste ich feststellen: Der Lessing, der hat genau das niedergeschrieben, was ich mir eigentlich schon immer dachte, aber nie formulieren konnte:

Lessing argumentierte gegen den Glauben an die Offenbarung und gegen das Festhalten an den „Buchstaben“ der Bibel durch die herrschende Lehrmeinung. Dem gegenüber vertraute er auf ein „Christentum der Vernunft“, das sich am Geist der Religion orientierte. Er glaubte, dass die menschliche Vernunft, angestoßen durch Kritik und Widerspruch, sich auch ohne die Hilfe einer göttlichen Offenbarung entwickeln werde

Das ist nämlich die Kirche, wie ich sie immer verstanden habe: Kein Bibeltreues (vielleicht sogar asketisches) Leben, kein Glaube an einen Gott, sondern ein Ort, wo Menschen zusammenfinden und (moralische) Unterstützung für wasauchimmer bekommen können. Dabei ist es folgerichtig auch nicht ganz so wichtig, welcher Religion genau man denn angehört. Die Geschichte um Nathan ist die Fortsetzung eines Streites, den Lessing „im wahren Leben“ nicht fortführen durfte, also machte er das in Romanform. Im Kern geht es darum, dass es eben keine „einzig wahre“ Religion gibt, sondern das alles nur Mittel und Zweck für ein friedliches und vernünftiges Zusammenleben der Menschen sei (das ist mal meine etwas reduzierte Interpretation).

Um so scheinheiliger finde ich dann die Leute, die gerade und nur zur Weihnachtszeit in die Kirchen strömen, die Gottesdienste „aushalten“, sich vorher aufbrezeln und nachher doch froh sind, das hinter sich zu haben und vor der Kirchentür in der Kälte erstmal eine Rauchen und dann nach Hause zum Geschenkeverteilen („Bescherung“) oder zum üppigen Mahl eilen. Immerhin werden in diesen Tagen die Klingelbeutel gut gefüllt, da freut sich so manches Tierheim oder Kinderhilfswerk.

In diesem Sinne: Nutzt die besinnliche Zeit mal um darüber nachzudenken, was das überhaupt heisst und:
Besser als Last Christmas wird eh kein weihnachtlicher Popsong mehr!

Frohe Weihnachten!

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