Wo genau wir waren, das wusste ich gar nicht. Ich wusste nicht mal, wer „wir“ alles waren. Es gab ein mehrstöckiges, weiß verputztes Haus, es gab Balkone und ein Treppenhaus und eine Terasse mit Überdachung. Es war nicht kalt und nicht warm, es war ein bedeckter Himmel. Und wir wurden beschossen. Kein permanenter Dauerbeschuss sondern immer so Gelegenheitsschüsse, wenn jemand irgendwo aus der Deckung kam oder man meinte, da bewegt sich was. Nein, wir hatten keine Uniformen an.
Ich war mit noch jemandem unten bei der Terasse. Ich kannte ihn nicht persönlich, aber es gab einen gewissen kameradschaftlichen Zusammenhalt. Soldaten mögen sich an §12 Soldatengesetz erinnern… da hockten und liefen noch andere von „uns“, aber jeder machte irgendwie sein Ding, versuchte, die ihm zugewiesene Aufgabe zu erfüllen. Ich wusste: In diesem Gebäude gab es Menschen, die nicht nett zu uns waren und unsere beste Verteidigung bestand darin, diese ausser Gefecht zu setzen. Oben auf dem Balkon versteckte sich mindestens einer, der uns gewaltig auf den Sack ging. Er hatte eine ideale Position, um unten alles zu überblicken und wir hatten kaum Chance, ihn zu erwischen. Also ging ich um die Hausecke rum mit dem Plan, übers Treppenhaus quasi von hinten an den Balkon zu kommen. Bekannt war uns, dass wir es nicht mit all zu viel Personen zu tun hatten, wobei die genaue Anzahl unbekannt war. Auf der anderen Hausseite angekommen musste ich mit leichtem Erschrecken feststellen, dass die Treppen ziemlich zerschossen waren. Die Fenster waren alle kaputt, es gab kein Geländer mehr und irgendwo war eine Wand teilweise eingestürzt. Man sah rote Mauersteine durch den zerfetzten Putz. Ein, zwei Treppenabsätze kam ich hoch aber dann ging es leider nicht weiter. Dazu kam der Umstand, dass jemand, der oben stand, mich wunderbar beobachten konnte ohne selbst schnell gesehen zu werden. Nee, das war mir zu mulmig, ich machte mich auf den Rückweg zur Terasse. Dort in der Nähe war unser Lager. Als ich um die Hausecke bog, wurde ich gleich vom Balkon aus beschossen. Ich blickte nach oben und sah ganz genau in den Lauf seines gewaltigen Gewehres. Schnell hastete ich zum Terassendach, um zumindest Sichtschutz zu haben. Dort erschrak ich: Auf der Terasse hielt sich ein Mann auf, der eindeutig nicht zu uns gehörte. Sofort wusste ich: Er oder ich. Ich hob meine Pistole – eine P1, von der ich bisher gar nicht bemerkte, dass ich sie in der Hand hielt. Ich drückte ab, und nichts passierte. Was war los? Es ging um Leben und Tod und das innerhalb einer halben Sekunde oder so. Würde der andere seine Waffe heben, dann würde er abdrücken, so wie ich es versuchte. Glücklicherweise war er abgelenkt, ich konnte aber nicht erkennen, warum. Also checkte ich schnell meine Waffe: Magazin raus, durchladen: Ein Patrone flog raus. Im Magazin waren alles verschiedene Patronenkaliber und Längen, das konnte ja nicht funktionieren! Mit eiligen und zittrigen Fingern klarierte ich das, schob das Magazin wieder in die Waffe, zielte auf seinen ziemlich kurzrasierten Kopf und schaffte es irgendwie, einen Schuss zu lösen. Das war aber offenbar nur eine Übungspatrone, die aus der abgefeuerten Nähe ihn zwar die Hitze spüren liess, aber sonst passierte nix. Ich musste noch mal schiessen, die anderen Patronen waren besser, das wusste ich! Aber was war nun? Mein Finger fand einfach den Abzug nicht. Oder besser: Ich wusste genau, wo dieser war, aber ich bekam den Finger nicht dahin. Als wäre ein unsichtbares Feld drumrum oder der Pistolenabzug mit Glas ausgegossen. Wieder und wieder versuchte ich es, beinahe schien es, als warte „er“ nur darauf, dass es endlich vorbei sei. Wir blickten uns in die Augen. Es hatte keinen Sinn: Ich wachte auf. Mein Wecker zeigte: Es war 4 Uhr nochwas am Morgen, ich lag (natürlich) in meinem Bett. Hä, was war das denn für ein Traum?

 

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