Wir pflanzen ja jedes Jahr Tomaten in einen Kübel auf unserer Terasse. Weil das so schön wächst und weil man sich an diesem frischen, selbstgezogenen Gemüse so fein erfreuen kann. Bevor die Pflanzen rauskommen, werden sie mit grosser Liebe im Wohnzimmer auf der Fensterbank aus Samen herangezogen. Wenn sie robust genug sind, kommen sie raus. Nicht alle Pflänzchen werden was, mehr als drei pflanzen wir nie raus, weil „unsere“ Tomaten immer wachsen und wuchern wie verrückt.

Letztes Jahr hatten wir spät in der Saison immer noch grüne Früchte dran, die einfach nicht rot und reif werden wollten. Das Internet sagt dazu, man solle die noch grünen Tomaten an Bindfäden an einen dunklen, trockenen Ort hängen, dort würden sie nachreifen. Taten sie auch. Und es wäre sicher lecker geworden, wenn wir nicht einen Teil dort vergessen hätten. Als ich sie wiederentdeckte, waren sie nicht nur reif, sondern schon eingefallen und matschig (aber nicht schimmelig oder so). Vorsichtig nahm ich den Faden in die Hand, ging damit durch die Haustür und wollte so das ganze Gebämsel in die Biotonne werfen. Noch auf halbem Wege entschieden sich die Früchtchen, ihrem Schicksal zu entgehen, zu fliehen und folgten der Schwerkraft. Die Folge war eine breitgefächerte rote Matschepampe auf Waschbetonplatten. Das erste, was ich tat: Einfach umdrehen und wieder reingehen. Durchatmen.
Da die Sonne gut schien, wurde die Pampe schnell trockener und schon am nächsten Tag konnte ich das einigermassen einfach entfernen, die meisten Reste sogar zusammenfegen. Das war, wie gesagt, letztes Jahr. Gestern blickte meine Frau zufällig nach unten neben unsere Altpapiertonne und stupste mich an…. was sehen wir? Ein Tomatenpflänzchen zwängt sich aus dem Spalt zwischen zwei Platten und reckt frech seine Zweige Richtung Sonne. Ein Tomatenkern hat wohl dort überwintert und ist diesen Sommer einfach mal herausgewachsen. Nix mit Hege und Pflege und grossziehen auf der Fensterbank! Ich lasse die dort erstmal stehen, solange sie nicht stört und sollte sie noch Früchte tragen dann werde ich die Kerne für das nächste Jahr gut aufbewahren. Solch robustes Zeug muss man erhalten 🙂

Dies istwildetomate nun sicherlich nicht die überraschende Abenteuergeschichte, die einen verdutzt umhaut, aber ich fand es schon erwähnenswert, das sowas passiert. Wir achten immer darauf, dass wir unsere Tomaten regelmässig giessen, dass sie kein Wasser von oben bekommen, in gut gedüngter Erde wachsen können, die Pflanzen werden regelmässig ausgegeizt und gestützt… und da kommt so ein verwegenes Tomatensämchen aus einer überreifen geflohenen Frucht und macht einfach, was es will. Ganz ohne Obhut. Das zeigt mir wieder einmal, wenn auch in sehr überschaubaren Rahmen, dass die Natur durchaus ohne uns auskommt, wir aber nicht ohne sie… da hilft es auch nicht, wenn ich quasi selber Schuld bin, weil ich ja die Tomaten(kerne) im wahrsten Sinne „um die Ecke“ gebracht habe…. ich freu mich schon für unsere Erde, wenn wir Menschen mal nicht mehr sind und die Natur sich wieder alles zurückholen kann. Auch wenn das gerne noch sehr lange dauern kann, bis es so weit ist.

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